Aktuelle Ausgabe 2/2025
Aufsätze
Hans-Günter Henneke
Das ausgehöhlte strukturelle Nettoneuverschuldungsverbot
Christoph Gröpl
Staatsverschuldung als Koalitions- und Regierungsvoraussetzung?
Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Notlagenverschuldung zur Finanzierung des Bundeshaushalts 2025
Lukas Märtin / Ruth Weber
Von Regeln und Ausnahmen: Die rechtliche Konstruktion europäischer Schulden
Sandra Niggemann
Gründung einer oberen Bundesbehörde
Organisationsformen und Beteiligungsverfahren am Beispiel des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG)
Rechtsprechung
A. Katarina Weilert
Zwangsbehandlungen im Spannungsfeld von grundrechtlicher Autonomie und Schutzpflichten
Zum Urteil des BVerfG vom 26.11.2024 - 1 BvL 1/24
Literatur
Anna-Bettina Kaiser
Hofmann, Zeiten der Bewährung, Festschrift 75 Jahre Grundgesetz
Hans-Günter Henneke
Kahl/Ludwigs, Handbuch des Verwaltungsrechts, Band VI: Verwaltungsrecht und Privatrecht; Band VII: Aufgaben, Organisation und öffentliche Sachen
Michael Fuchs
Schwengel, Geschriebene und ungeschriebene Parlamentsregeln
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Aufsätze
Hans-Günter Henneke
Das ausgehöhlte strukturelle Nettoneuverschuldungsverbot
Während die Ampel-Koalition 2021 auf eine verfassungswidrige Umwidmung von "Corona-Notlagenkrediten" gegründet wurde und am 6.11.2024 an einem Streit über einen weiteren Notlagenbeschluss zerbrach (dazu Gröpl, in diesem Heft, S. 103), begann die neue Koalition aus Union und SPD ihre sich anbahnende Zusammenarbeit unmittelbar nach der Bundestagswahl vom 23.2.2025 mit einer - noch vom 20. Deutschen Bundestag umgesetzten - Vereinbarung über eine Aushöhlung des strukturellen Nettoneuverschuldungsverbots in Art. 109 Abs. 3 S. 1, 115 Abs. 2 S. 1 GG durch am 25.3.2025 in Kraft getretene Verfassungsänderungen, die es hier im Einzelnen zu entfalten gilt.
Am Folgetag, dem 26.3.2025, hat das BVerfG (2 BvR 1505/20) in seinem Solidaritätszuschlag-Urteil in Rz. 106 f. unter Bezugnahme auf die als "überragend wichtige Aufgabe der Finanzverfassung des GG" vom Verfassungsgeber zugewiesene Befriedungsfunktion, aber unter völliger Ausblendung der tags zuvor beschlossenen kopernikanischen Wende des verfassungsändernden Gesetzgebers zur Legitimierung des Fortbestands des Solidaritätszuschlags hervorgehoben: "Der Finanzverfassung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern einschließlich der Gemeinden in erster Linie aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt (Prinzip des Steuerstaats). Dies bedeutet, dass die öffentliche Hand nur begrenzt auf Kredite zurückgreifen darf. In Anbetracht der durch Art. 115 Abs. 2 S. 1 GG konkretisierten Vorschrift des Art. 109 Abs. 3 S. 1 GG, wonach Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen haben, gilt dies sogar in besonderem Maße. Die Einschränkung der Kreditaufnahme steht einer beliebigen Ausweitung staatlicher Einnahmen zur bestmöglichen Erfüllung aller dem Staat obliegenden Aufgaben entgegen." Diese Sachlage rechtfertigt es, sowohl auf die bisherige (dazu Gröpl) als auch auf die neue Verfassungsrechtslage vertiefend einzugehen.
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Christoph Gröpl
Staatsverschuldung als Koalitions- und Regierungsvoraussetzung?
Verfassungsrechtliche Beurteilung einer Notlagenverschuldung zur Finanzierung des Bundeshaushalts 2025
Die Diskussion um eine Lockerung der in Art. 109 Abs. 3 und Art. 115 Abs. 2 GG verankerten "Schuldenbremse" war im zurückliegenden Bundestagswahlkampf einer der "Renner", initiiert vor allem durch Journalisten, aus deren nicht enden wollenden Fragen zum Thema fast das Flehen um eine solche Lockerung herauszuhören war. Friedrich Merz schloss dies als Kanzlerkandidat der CDU/CSU zwar nicht kategorisch aus, wollte darüber aber erst reden, wenn andere Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden seien. Ganz anders hörte sich das zehn Tage nach der Wahl vom 23.2.2025 an, als Merz die notorisch neuverschuldungsbegierige SPD als Koalitionspartner mit einer Morgengabe umwarb: Bereits am 4.3.2025 redete Merz zuallererst genau darüber, nämlich über die Lockerung der "Schuldenbremse". Angekündigt und sodann umgesetzt wurde ein Sondervermögen für Infrastruktur u.dgl. von bis zu 500 Mrd. Euro, das an den Regeln der "Schuldenbremse" vorbei kreditfinanziert werden darf (Art. 143h n.F. GG) und damit faktisch deren Aushebelung bewirkt - ganz zu schweigen von der weiteren Kreditfinanzierung der Bundeswehr und neuen strukturellen Verschuldungsmöglichkeiten für die Länder (Art. 109 Abs. 3 Satz 5-9, Art. 115 Abs. 2 Satz 4 GG n.F; dazu Henneke in diesem Heft, S. 79). Beschlossen wurde dies am 18.3.2025 mit der verfassungsändernden Mehrheit des alten (20.) Bundestages, obwohl dieser seit der Wahl nur noch übergangsweise tagte (Art. 39 Abs. 1 Satz 2 GG). Und die Moral aus der Geschicht": Ohne massive Nettoneuverschuldung scheint eine Koalition und Regierung auf Bundesebene nicht mehr möglich zu sein.
Diese "Moral" wird dadurch untermauert, dass die vormalige "Ampelkoalition" am 6.11.2024 just an der "Schuldenbremse" scheiterte - damals erwies sich die Frage der Staatsverschuldung als Regierungs- und Koalitionsbrecher: Es war die Weigerung des seinerzeitigen Bundesfinanzministers Christian Lindner und der FDP-Fraktion, den Wunsch von Bundeskanzler Olaf Scholz zu unterstützen, für das Haushaltsjahr 2025 eine Notlage festzustellen und im Bundeshaushalt durch eine weitere Kreditfinanzierung der Ukrainehilfen Einsparungen an anderer Stelle zu vermeiden - dabei ging es um im Nachhinein "lächerliche" rund 15 Mrd. Euro Nettoneuverschuldung. Der verfassungsrechtlichen Würdigung dieser geplanten Notlagenkreditfinanzierung des Bundeshaushalts 2025 am Maßstab des Urteils des BVerfG vom 15.11.2023 widmet sich der vorliegende Beitrag.
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Lukas Märtin / Ruth Weber
Von Regeln und Ausnahmen: Die rechtliche Konstruktion europäischer Schulden
Der Beitrag behandelt die rechtliche Konstruktion europäischer Schulden. Europäische Schulden werden unions- und verfassungsrechtlich als Ausnahme konstruiert, die einer rechtlichen Einhegung bedarf und an strenge Voraussetzungen geknüpft ist. Im Falle des Wiederaufbaufonds NGEU kommt dies insbesondere in dem Kriterium der strikten Zweckbindung zum Ausdruck, das sich jedoch als untauglich erweist, die Zulässigkeit europäischer Schulden zu rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund werden Schulden abschließend als Rechts- und Legitimationsproblem behandelt und ein Verständnis des Eigenmittelsystems entwickelt, das die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament einbezieht.
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Sandra Niggemann
Gründung einer oberen Bundesbehörde
Organisationsformen und Beteiligungsverfahren am Beispiel des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG)
Die Umbenennung der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in "Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit" (BIÖG) sowie der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem BIÖG und dem Robert Koch-Institut (RKI) im Februar 2025 war für die 20. Legislaturperiode der vorläufige Endpunkt im intensiven Errichtungsprozess des BIÖG.
Anhand dieses praktischen Beispiels geht dieser Beitrag der Frage nach, welche organisationsrechtlichen Möglichkeiten zur Errichtung einer oberen Bundesbehörde bestehen und welche Akteure hieran nach welchen Vorgaben zu beteiligen sind.
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Rechtsprechung
A. Katarina Weilert
Zwangsbehandlungen im Spannungsfeld von grundrechtlicher Autonomie und Schutzpflichten
Zum Urteil des BVerfG vom 26.11.2024 - 1 BvL 1/24
Zwangsbehandlungen stellen einen intensiven Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar. Sie sind nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 1832 BGB zulässig. Nach bisheriger Rechtslage durften sie ausschließlich in einem Krankenhaus vorgenommen werden. Mit seinem Urteil vom 26.11.2024 hat das BVerfG (NJW 2025, 144) diesen absoluten Krankenhausvorbehalt für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber unter Fortgeltung der Norm eine Frist zur Neuregelung bis zum 31.12.2026 gesetzt. Der Beitrag befasst sich anlässlich dieses Urteils mit dem schwierigen Terrain der Zwangsbehandlungen und erörtert eingehend, wie sich diese verfassungsdogmatisch zwischen Freiheitsrechten und grundrechtlichen Schutzpflichten einordnen. Er argumentiert, dass die Entscheidung über den Krankenhausvorbehalt in den Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers hätte gestellt werden müssen, da dieser bei grundrechtlichen Schutzpflichten einen besonders weiten Spielraum innehat.
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